Sonntag, 28. September 2008
Nach den Wahlen... der Kater
Mein Ziel konnte ich nicht erreichen. Ich wurde weder als nebenamtliche Gemeinderätin noch als Stadträtin gewählt. Im Stadtrat landete ich auf dem 21. Platz von 41 Kandidierenden. Damit bin ich auf dem siebten Ersatzplatz, bei 13 Gewählten, nachdem ein Gewählter auch in den nebenamtlichen Gemeinderat gewählt wurde.
Das ist ein schöner Erfolg, bedenkt man, dass ich mindestens halb so viele Panaschierstimmen bekommen habe wie die Gewählten oder gar fünfmal weniger als derjenige mit den meisten Zusatzstimmen anderer Parteien. Damit ist klar, dass ich von der eigenen Partei einigermassen bis sehr gut unterstützt wurde. Hätte mich auch die nominierende Sektion mit vollem Einsatz unterstützt, dann hätte ich vielleicht die Wahl in den Stadtrat geschafft. Es fehlten mir bloss 217 Stimmen oder 109 Personen, die mich zweimal auf die Liste gesetzt hätten. Das sind so wenige, dass ich mich fragen muss, ob ich selber genügend getan habe, um sie nicht selber holen zu können. Oder hätte mich meine Gewerkschaft VPOD oder der Gewerkschaftsbund so unterstützt wie andere, hätte es auch reichen können. Aber das lässt sich in Zukunft ja ändern.
Auf der nebenamtlichen Gemeinderatsliste erfuhr ich eine Enttäuschung, die ich mir in dieser Deutlichkeit natürlich nicht gewünscht habe. Aber ich nehme das hin und versuche daraus die notwendigen Lehren für meine weitere politische Arbeit zu ziehen.
Wahltag ist Zahltag, habe ich gelernt. Da ich noch nicht so lange sichtbar aktiv in der Bieler Politik bin, habe ich von den Stimmbürger einen tollen Zahltag bekommen. Ich werde es ihr danken, indem ich an meinen Wahlversprechen, nämlich mich für eine Integration für alle einzusetzen, festhalte und versuchen werde bis zu den nächsten Wahlen sichtbare Resultate vorweisen zu können. Vielleicht werde ich in vier Jahren wieder kandidieren und dann einen entscheidenden Schritt vorwärts machen. Bis dahin gibt es viel zu tun und es muss ja auch Menschen geben, die ausserhalb von Amt und Würden Beiträge zu einem schönen und angenehmen Leben leisten.
Freitag, 5. September 2008
Start meiner Tour de Bienne des immigrants
Einerseits möchte ich natürlich diese Stimmen als Stadtrats- und Gemeinderatskandidatin gewinnen. Andererseits möchte ich die ImmigrantInnen sensibilisieren für die demokratischen Wahlen und das politische Leben hier in Biel überhaupt .
Was ich dabei erleben werde, will ich auf meinem Blog via Twitter protokollieren. In drei Wochen sollte so ein Stimmungsbild über die Stadt Biel aus der Sicht der EinwanderInnen entstehen. Daraus leite ich dann meine weiteren politischen Aktivitäten ab.
Beobachten Sie mich, wie ich beobachte und nehmen Sie mit mir Kontakt auf, wenn Sie das Bedürfnis haben mit mir über meine politische Arbeit zu reden. Teilen Sie Ihre Sicht und Ihre Erfahrungen mit mir. Helfen Sie mit, ein differenziertes Bild über die ImmigrantInnen herzustellen.
So war's an der African Night
Das war und ist immer noch eine unglaubliche Freude und bestätigt mich in meiner Annahme, dass es ein Bedürfnis bei den Immigrantinnen und Immigranten gibt, sich gemeinschaftlich politisch zu betätigen.
An diesem Abend waren über 15 Nationalitäten vertreten. Viele natürlich von Afrika, aber auch solche aus Asien und Europa. Wir sprachen deutsch, französich und englisch, alles bunt durcheinander. Und wirverstanden uns an diesem Abend bestens uns zu unterhalten.
Wir tischten dazu Spezialitäten aus Westafrika auf und liessen Musik aus der südlichen Hemisphäre spielen. Auch Ansprachen gab es. So sprach Teres Liechti und Barbara Tanner zu uns als Repräsentantinnen der führenden Frauen in der SP Biel. Ich bedanke mich nochmals herzlich bei ihnen und bitte meine LeserInnen, sie wieder zu Stadträtinnen zu wählen.
Wir liessen das Mikrofon auch offen für unsere Gäste, die uns spüren und wissen liessen, was sie bedrängt und was wichtig ist für sie. Ich habe genau hingehört und werde mich den Anliegen annehmen.
Hier ein paar Impressionen dieses wunderbaren Abends, wofür ich mich bei allen Beteiligten herzlich bedanke!
Donnerstag, 21. August 2008
Wahlprospekt bald in Ihren Händen
Ich habe folgenden Text zu dem Prospekt beigesteuert:
"In dieser Jahreszeit tummeln sich unzählige Menschen aus vielen Ländern im Stadtpark. Wenn es draussen weider nass und kalt ist, verflüchtigen sich die im Stadtpark geschlossenen Freundschaften. Es müsste im Winter einen gedeckten Stadtpark geben. Ein Ort, wo die Kinder spielen und die Erwachsenen sich austauschen können. Denn der Austausch der Bevölkerung ist die Basis für Zusammenhalt, gegenseitiges Vertrauen und gemeinsame Entwicklung."
Ich möchte natürlich noch viel mehr zu diesem Thema sagen. Doch ein Wahlprospekt bietet dazu leider keinen Platz. Darum hier noch zwei, drei vertiefende Gedanken.
Wie die Zeuge der Zeit zeigen, traf man sich hier in Biel in den zahlreichen Kneipen und Restaurants. Das waren damals keine Begegnungsstätten für die ganze Familie und sind es heute nicht. Im schönen Sommer bietet Biel viele alternativen Begegungsraum. Eben wie der Stadtpark, der Elfenaupark oder der Strandboden. Manchmal kommt es mir schon fast vor, ich sei in meiner alten Heimat, wo das Leben fast immer draussen stattfindet. Ausser man arbeitet in einem Büro natürlich.
Wenn aber die doch etwas härtere Zeit wieder kommt mit ihren grauen und nassen Tagen, da fällt das soziale Leben fast in sich zusammen. Die Kindre können ins Kongresshaus schwimmen gehen oder hinaus auf die Eisbahn Schlittschuhlaufen, doch für die Eltern und Erwachsenen geht das eben dann nicht so gut wie im Sommer im Park.
Darum meine ich sollte wir uns Gedanken machen, wie moderne Inhouse-Anlagen geschaffen werden können, wo das unverbindliche Begegnen ganzer Familien möglich wird. An einem solchen Ort könnte dann ganz automatisch die Integration passieren, ohne dass man dafür Sozialarbeiter anstellen muss. Ein solcher Ort sollte den Kindern das Spielen unter sich ermöglichen und den Erwachsenen bei einem Kaffee das Gespräch.
Eigentlich hat ein bekannter amerikanischer FastFood-Anbieter ein solches Konzept umgesetzt. Aber so kommerziell meine ich das nicht. Vielmehr gefallen mir die Instititutionen der langeingesessenen Immigranten aus Italien oder Spanien, wo sich diese reglemässig treffen. Leider bleiben diese sehr unter sich und schachteln sich in ihre Community ein.
Ich stelle mir vor, dass sich die Kulturen eben mischen sollten, dass es keine Schwellen gibt, dass alle daran teilnehmen könnten. Wenn ich ein politisches Mandat anvertraut bekomme, will ich dieses Anliegen verfolgen, die Idee verfeinern und versuchen ein solches Projekt umzusetzen.
Einladung an meine Blog-Leserinnen und Leser
African Night for Juliet
ein.
Diese findet am 30. August 2008 ab 19 Uhr im Rest. Romand in Biel statt. Wir offerieren afrikanische Spezialitäten, lassen Musik aus dem modernen Afrika spielen und diskutieren einen Abend lang über Politik in der Schweiz. Essen und Trinken gibt es solange es hat und danach setzen wir die Party in einem afrikanischem Club für die Tanzfreudigen unter uns fort.
Alles andere entnehmen Sie bitte aus dem Flyer.
Ich freue mich heute schon, Sie bei mir begrüssen zu dürfen.
Samstag, 16. August 2008
Ich habe ein Symbol bekommen
Das hier ist mein Symbol:
Wenn ich heute ein Symbol bekommen habe, hat mein Ehemann sicher nicht an diese Kühe gedacht, als er es mir schenkte. Nein, er hat mir ein Symbol kreiert, das folgende Attribute enthält:
Multikulturalität, Weisheit, Leichtigkeit, Harmonie, Gemeinsamkeit und Heimat.
Schon bei den alten Ägyptern stand die Feder für den Begriff "Weisheit". In der modernen Gesellschaft verbinden wird damit das geschriebene Wort, das in den weisen und wahren Büchern für die Ewigkeit festgehalten wurde und wird.
Die Spektralfarben stehen im allgemeinen für Multikultur und Frieden.
Das weisse Kreuz auf rotem Grund ist unser aller Symbol für unsere Heimat, die ich vor 13 Jahren als meine neue Heimat angenommen habe.
Der rote Kreis steht für Vollkommenheit der Form überhaupt. Rot ist die Farbe der Sozialisten in aller Welt, denen ich mich verbunden fühle, weil sie für soziale Gerechtigkeit für alle steht und für eine soldidarische Gesellschaft auf dem ganzen Globus steht.
Ich finde, dass alle drei Elemente das symbolisieren für was ich als Politikerin einstehen will. Fortan will ich dieses Symbol verwenden, um damit selber nie zu vergessen, für was ich einstehe und was ich als wichtig erachte. Zusammenfassend möchte ich sagen, das ich mit Weisheit stets für die Integration aller Menschen egal welcher Herkunft und Hautfarbe in unsere Solidargesellschaft eintreten will. Dabei bin ich auf die Unterstützung aller angewiesen, die dieses Anliegen mit mir teilen können.
Donnerstag, 14. August 2008
Meine Stadtrats-Kandidatinnen-Nummer ist:
Mit dieser Nummer und meinem Namen auf jedem Wahlzettel, der bis am 28. September 2008 in die Bieler Urne gelegt wird und ich bin mit Sicherheit in den Stadtrat gewählt.
Ich finde, es ist eine Glücksnummer und gehört zusammen mit dem Namen Juliet Bucher auf jeden Zettel. Oder?
Noch eine Bitte. Für die nebenamtlichen Gemeinderäte nehmen Sie bitte die Liste 2. Da steht auch mein Namen und ich möchte hier ein achtbares Resultat erzielen. Unterstützen Sie mich? Jetzt schon den allerherzlichsten Dank!
Smartspider
Samstag, 9. August 2008
Die Schweiz braucht Einwanderer
Unter diesem Titel erörterte das „Bieler Tagblatt“ am 7. August 2008 das „THEMA“ Ausländer. Wie heisst es doch so treffend: „an ihren Worten sollt ihr sie erkennen. Müsste das „THEMA“ statt „Ausländer“ nicht „Integration“ oder „ZUSAMMENLEBEN“ heissen? Müsste man nicht befreit von Aufhetzung und Ideologien darüber reden und handeln, wie wir unser Leben gemeinsam gestalten wollen? Wie Menschen verachtend ist es eigentlich Menschen auszugrenzen und ihnen den Titel „Ausländer“ anzuheften wie ein Kainszeichen?
Warum redet man nicht davon, warum die „Inländer“ keine Familien mit Kindern mehr gründen und es dann, falls doch, nicht aushalten mindestens so lange die Kinder auf die Obhut der Eltern angewiesen sind? Warum sollen das die „Ausländer“ den besser machen, wo sie doch potentiell gewalttätig sind und die Sozialhilfe ausbeuten, mit ihrem Nachwuchs und ihren Familien? Weisst man damit den „Ausländer“ nicht automisch auf die unterste Stufe der Gesellschaftsschicht zu? Dort wo Armut herrscht, dort wo man sich wegen dem Kindersegen nichts leisten kann, wo man zu den „Working Poors“ gehört, weil die Arbeit, die sie verrichten nur mies bezahlt werden? Richten damit die „Inländer“ nicht ganz automatisch ein unrechtes Kastensystem ein, obwohl in der Schweiz vor dem Gesetze alle gleich sind?
Ist es so gesehen nicht höhnisch, dass die Schweiz Einwanderer braucht und es sich leistet ihren Nachwuchs aus der Armut zu beziehen? Und zwar nicht aus reiner Menschenfreundlichkeit, sondern nur um ihre Sozialversicherung und ihren inländischen Generationenvertrag sicherzustellen.
„Multikulturalität ist eine Bereicherung für unser Land“, ist nichts als ist eine abgedroschene Phrase, die vor der Realität keinen Bestand hat. Beispiele gefällig? Wird am Städtebundtheater Biel/Solothurn etwa Chinesisches Theater gespielt? Treten dort etwa afrikanische Theatergruppen auf? Gibt es in Biel eine Musikschule, die sich auf Weltmusik spezialisiert hat? Gibt es in Biel ausschliesslich Lehrerinnen und Lehrer, die grundsätzlich auf ihre vielsprachigen und mehrfachkulturellen Klassen hin ausgebildet wurden und permanent geschult werden, um mit diesen schwierigen Bedingungen umzugehen? Mein Verdacht, dass dem so nicht ist, nährt sich aus meiner Erfahrung als Mutter von drei Söhnen, die in Biel zur Schule gehen und gingen.
Gibt es Massnahmen, die getroffen wurden und entsprechende Einrichtungen, die Mütter und Väter aus allen Herren Ländern auf ihre Elternrolle in der Schweizer Schulen vorbereitet werden? Wie geht man mit Müttern und Vätern um, die sich für ein Engagement in einem Elternrat oder in der Schulkommission interessieren? Ich kann davon erzählen und es würden keine gemütlichen Feierabendgespräche vor dem wärmenden Fernsehapparat werden.
Es ist einfach eine Tatsache, dass wir in einer Welt leben, wo sich alle bewegen müssen. Diejenigen, die meinen die Gemütlichkeit in der Tiefe des Sofas sei für ewig gepachtet und die Globalisierung träfe nur die anderen, müssen damit rechnen in irgendeiner Form sehr unbequem überrollt zu werden. Wer gegen die Globalisierung ist, soll sich bei ihr beschweren gehen.
Ich meine, dass es an unserer aktiven Generation ist, heute die Diskussionen darüber zu führen wie wir handeln müssen, damit unsere Verschiedenartigkeit eine neue Gemeinsamkeit wird, so dass wir die Errungenschaften der hochzivilisierten Schweiz auch an unsere nachfolgenden Generationen weitergeben können, ohne dass diese mit der Schäbigkeit und der Ungerechtigkeit der Armut konfrontiert wurden. Denn Armut generiert Frustration generiert Brutalität generiert Fanatismus und sie generiert vor allem Chancenungleichheit. Und damit verletzen wir unsere Verfassung, auf die wir alle geschworen haben.
Mittwoch, 18. Juni 2008
Hunger in der Welt
Die Schweiz ist UNO-Mitglied. Was haben wir der UNO und deren FAO zur Lebensmittelkrise zu sagen? Ich weiss es nicht, es scheint darüber keine öffentliche Diskussion zu geben.
Die FAO setzte sich das Ziel, bis 2015 die 800 Millionen Hunger leidenden Menschen in der Welt zu verringern. Heute aber sind es 850 Millionen. Die neue Lebensmittelkrise droht, weitere 100 Millionen Menschen Hunger leiden zu lassen.
Der FAO-Gipfel in Rom hätte mehr als über die aktuelle Krise, über den realen Nutzen wie der UNO-Ernährungsorganisation oder der Weltbank debattieren sollen, die bloss einen Geldregen verteilt, der Abhängigkeit schafft. FAO-Präsident Jacques Diuof ist seit 1993 im Amt. In seiner Ära hat sich die Situation verschlimmert. Da muss man sich fragen: ist ein Wandel nicht angebracht? Auch Diouf's Gesprächspartner müssen unter die Lupe. Es sind die Gentech-Produzenten, die Saatgutverkäufer, die Produzenten von Junk Food – jene Unternehmen, die Lebensmittel rund um den Globus reisen lassen. Sie sind es, die mit dieser Krise Gewinn machen.
Notwendig ist ein Übergang zu einer ökologischen Landwirtschaft, die nicht von den multinationalen Unternehmen kontrolliert wird. Eine Landwirtschaft, die von den traditionellen Gemeinschaften praktiziert wurde, der die Prinzipien Diversität, Synergie und Recycling zugrunde liegen. Die Lösung ist ein Netzwerk von lokalen Wirtschaften, die wir in einer Mischung aus Tradition und Innovation verbinden können. Diese sollten unterstützt werden und zwar nicht nur in Afrika, sondern auch in der Schweiz.
Die Agrarindustrie die von ihr verursachten Probleme mit deren Methoden selber lösen zu lassen, die zu ihrer Entstehung geführt haben, nämlich Bodenerosion, Monokulturen, Subventionen und Dumping und der Verlust der Lebensmittelsouveränität, ist falsch. Was wir wollen ist die Freiheit, die eigene biologische Vielfalt zu nutzen. Die Schuld liegt nicht bei den Bauern und auch nicht beim Klima. Beide sind die ersten, die darunter leiden – unter diesen Dingen, die sie nicht erfunden haben. Das sind die Fragen die uns interessieren und nicht ob Ahmadinejad zum Essen nach Rom eingeladen war oder nicht.
Sonntag, 4. Mai 2008
Wieder am Pranger
Anders als mit Polemik und Populismus kann die Blocherpartei nicht politisieren. Das belegen die rassistischen Plakate im ganzen Land einmal mehr. Man könnte sagen, dass eine tote Geiss das Metzgermesser nicht mehr fürchten muss. So lautet ein ghanaisches Sprichwort, das für einen wiederkehrenden Schreckversuch verwendet wird. Das verbraucht sich, wenn man mit derselben Bildsprache für immer wieder nuanciert andere Inhalte den Menschen das Fürchten beibringen will.
Unsereiner jedenfalls regt sich schon etwas weniger darüber auf als auch schon. Wären da nicht die Enthemmungen gewisser Menschen auf der Strasse, die meinen einen andersfarbigen Menschen die Zunge herausstrecken zu müssen, während sie hinter sicheren Busfenstern sitzen.
Seit die Blocherpartei mit ihren ausländerfeindlichen Kampagnen auf Stimmenfang geht, häufen sich die Abartigkeiten der doch sonst wohlerzogenen Einheimischen. Oder sind es eben gerade nur die nicht wohlerzogenen Einheimischen, die sich hinter den Rattenfängern versammeln und meinen ihren Mut zu kühlen, indem sie etwa unseren Nationalrat Rigardo Lumengo mit Bananen bewerfen? Wäre da nicht die kaum zu verdrängende Furcht, dass es, wie Lumengo sagt, nicht eines Tages schlimmere Übertretungen sind, mit denen wir konfrontiert werden.
Ich bin guten Mutes. Ich integriere mich jeden Tag in diese Gesellschaft, in der auch meine Kinder aufwachsen, Schritt um Schritt. Ich will mich politisch für die Integration einsetzen, mithelfen den Hilfloseren Unterstützung zu geben und dazu gehören auch die, die im Zug das Abteil wechseln, wenn ich um den leeren Platz gebeten habe. Menschen, die Menschen hassen, nur weil sie eine andere Hautfarbe haben oder aus einem anderen Land kommen, sind eben auch Hilflose. Vermutlich gehören sie zu den Globalisierungsverlierern, genauso wie viele in meinem Heimatland, die darum flüchten oder elendiglich darben müssen.
Wir sollten es nicht zulassen, dass das Geld über den Wert von Menschen gestellt wird, so wie das gegenwärtig gerade wieder der Fall ist. Es sollte Regeln geben, dass es nicht möglich ist, dass mit Nahrungsmitteln gespielt und gewettet werden kann. Was wir geglaubt haben es würde nie mehr passieren, nämlich dass die Menschen des Südens ihr Essen nicht mehr selber kaufen können, ist zurückgekehrt. Innert weniger Monate hat der unkontrollierte Weltkapitalismus dafür gesorgt, dass in Afrika wieder Reis vom Himmel fallen wird. Damit werden Entwicklungserfolge vieler Jahre ausradiert und zunichte gemacht.
Ich höre Blocher schon wieder sagen: „Ich habe es ja immer gesagt, die Entwicklungshilfe sei Geld zum Fenster hinausgeworfen.“ Er wird sich dafür nicht schämen müssen, sondern den Applaus jener ernten, die sich eigentlich davor fürchten müssten eines Tages vom Kapitalisten Blocher auch einfach fallen gelassen zu werden. Oder glauben die, der Toni Brunner sei ein valabler Ersatz für Blocher?
Vorerst aber wird die Blocherpartei Millionen in Plakataushänge investieren, um den Menschen Sand in die Augen zu streuen. Solange die Milliardäre dieser Welt sich an den Armen dieser Welt bereichern, indem sie immer schneller und unkontrollierter ihre Milliarden um den Globus hetzen, gerade dort wo durch Ausbeutung am meisten zu verdienen ist, desto mehr hungernde Menschen werden rund um den Globus der Nahrung hinterher wandern müssen. Mit oder ohne Schweizer Pass, legal oder illegal. Denn schlimmer als Hunger und Perspektivlosigkeit können auch harte und eiskalte Herzen nicht sein.
Gegen SVP-Plakate gibt es nur eines: fröhliche Gesichter und helfende Hände - das überzeugt längerfristig alle.
Mittwoch, 30. April 2008
Wahlkampfvorbereitungen
Gestern präsentierte ich gemeinsam mit den im Amt und Würde stehenden Gemeinderäten deren Erfolge der vergangenen Legislaturperiode. Ich habe daran keinen Anteil und will mich auch gar nicht mit fremden Federn schmücken. Doch stolz über die Erfolge der SP-Gemeinderäte bin ich auch schon etwas. Ich hoffe natürlich, die nächsten vier Jahre auch meinen Beitrag für eine noch erfolgreichere Bilanz beitragen zu können.
Übrigens ist mir besonders aufgefallen, dass das „Journal du Jura“ viel ausführlicher mit viel mehr Raum auf unsere Bilanz reagiert hat als das grössere „Bieler Tagblatt“. Besteht da ein Zusammenhang, dass die Welschen Sozialdemokraten anders wahrgenommen werden als die Deutschschweizer? Auch der Zugang zu den Archiven wird bei den Zeitungen anders behandelt. Das Journal konnte ich auf den Artikel verlinken, beim Tägu geht das nicht, man kann nur ins Archiv, wenn man dafür bezahlt. So mache ich halt jetzt nur Werbung für das Journal.
Freitag, 11. April 2008
Ich habe Demokratie erlebt
Doch plötzlich begann sich für mich die Stimmung in der Schweiz jener in Togo zu ähneln. In der Ejadema-Diktatur war es unmöglich in der Öffentlichkeit seine persönliche politische Meinung zu äussern. Man musste befürchten, dass irgend jemand einen bei Ejademas Killertruppe anschwärzte und diese einen verschwinden liessen. Als ich 14 Jahre alt war, liess Ejadema meinen Onkel Kofi Kongo umbringen und meine ganze Familie lebte fortan unter genauster Beobachtung.
Dabei waren wir Ewes in der Mehrheit und Ejademas Stamm bildet die Minderheit. Ich erinnere mich genau, wie das alles anfing. Über eine lange Zeitperiode baute sich der Meinungsterrorismus auf . War es anfänglich noch möglich an den Wahlen teilzunehmen, verzichtete man mit der Zeit aus persönlicher Sicherheit auf dieses Recht. Man wusste ja nie. Und irgendeinmal begannen wir das Land zu verlassen, besonders wenn Wahlen angesagt waren. Denn es kam immer mehr vor, dass unsere Leute verschwanden und später tot im Meer treibend gefunden wurden. Was da genau passierte, wussten wir nie und fanden es auch nie heraus.
Plötzlich kam es mir vor als würde hier in der Schweiz derselbe Prozess in Gang kommen. Keine Wahlen mehr wo nicht die SVP gewann, Sitz um Sitz zu legte und gleichzeitig die Rhetorik immer gehässiger werden liess bis zum heutigen Tag. Gegen jede und jeden der oder die eine andere Meinung hatte, die Linken und Netten, dann die Weichsinnigen, dann die Ausländer und in der Weltwoche heute schon wieder die Juden. Und jetzt als vorläufiger Höhepunkt der Rachefeldzug des verbitterten Blochers, der mich mehr und mehr an den alten Diktatoren Ejadema erinnert, gegen Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf. Dabei warnte uns Blocher's Schwester hier im "Bieler Tagblatt" schon vor Jahren: ihr Bruder sei ein Gefährlicher. Wir fangen an zu begreifen.
Doch heute erlebte ich etwas was ich weder in Togo noch in Ghana in dieser Form beobachten konnte. Ich nahm zum ersten Mal hier in der Schweiz an einer Demonstration teil, einer sehr friedlichen, bunten und in ihrer Entschlossheit überwältigenden Stimmerhebung von mehr als 10'000 Menschen. So etwas hätte ich mir nicht vorstellen können und auch gar nicht, dass das in mir so starke Emotionen wecken würde. Wie staunte ich ob all diesen Frauen und Männern aus allen Schichten der Schweizer Bevölkerung aus allen Landesteilen. Besonders überrascht war ich, dass nicht nur gleichaltrige und jüngere Menschen auf dem Bundesplatz waren, sondern besonders auch viele jenseits des Pensionsalters, viele Menschen der Blocher Generation waren da und applaudierten und freuten sich an den klaren Statements für eine Schweizer Demokratie voller Respekt für andere Meinungen und gegen die Ausgrenzung. Ich habe diese Demonstration als Zeichen erlebt und als Grenzziehung gegen die heutige SVP-Führung, die lieber heute als erst morgen ihren Abschied gibt und den Gemässigten und Vernünftigen in ihren Reihen Platz macht.
Als heute Nachmittag überraschend Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf auf dem Bundesplatz erschien, bahnte sich die Sonne einen Weg durch den Regen verhangenen Himmel. Das traf mich im Herzen und ich konnte jubeln. Ich verlor eine sich lange aufgebaute innere Spannung. Die Angst, das Ejadema-Gespenst wich endlich von meinem Herzen.
Nun hoffe ich, dass sich die SVP auf den Weg macht und sich von ihrem Joch befreit. Ich glaube nicht, dass ich danach wirklich Sympatien für die Inhalte dieser Partei entwickeln könnte. Aber ich würde mich freuen, mich mit SVP-Politikern auseinanderzusetzen und um Positionen zu kämpfen. Ich möchte das frei von Angst tun von ihnen verunglimpft und wegen meiner Herkunft und meiner Hautfarbe ausgegrenzt zu werden.
Ich hoffe, das Eveline, wie sie heute von allen im Chor gerufen wurde, mit unserer heutigen Sympathiekundgebung gegen die Perfidie eines Burebüeblis Brunner - ich kannte das heute im vielstimmigen Chor auf dem Bundesplatz gesungene Lied über das Burebüebli von meinen Patienten im Alters- und Pflegeheim, die das hie und da anstimmen - bestehen wird.
Heute lernte ich, dass mein Mann Recht hatte, wenn er mich darin korrigierte die Schweiz falsch einzuschätzen. Ich konnte es nicht fassen, dass Messerstecherinserate, nach Schweizerpässen greifende farbige Hände und schwarze Schafe nur die Meinung einer irregeleiteten Minderheit und nicht die Schweiz darstellte. Heute durfte ich zusammen mit mehr als 10'000 Schweizerinnen und Schweizer direkte friedliche Demokratie erleben . Ich sah, wie Anstand, menschlicher und politischer Anstand, eingefordert wurde.
Wir werden das Kommnende gemeinsam mit Eveline Widmer-Schlumpf durchstehen und nicht aufgeben eine auf Ausgleich und Kooperation ausgerichtete Demokratie wieder einzurichten.
Mit heute ging die Aera Blocher vorbei, bald schon wird sie abgeschlossen sein, im Mottenschrank der Geschichte zusammen mit anderen Extremisten.
95000 in 5 Tagen
Interessant ist auch, dass die Medien konsequent diese Form der demokratischen Willenskundgebung fast vollständig ignorieren. Hoffentlich kommen heute Nachmittag ebensoviele Leute nach Bern. das wird dann weder von den Medien noch von den Zürcher Rechtsauslegern zu ignorieren sein. Heute Abend wird klar sein, dass das Volk gesprochen hat und Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf ein zweites Mal gewählt wurde.
Donnerstag, 10. April 2008
Forza Evelin
Auch diese Seite wurde sabotiert, nachdem bereits über 6'000 Unterschriften zusammen kamen. Und auch Zurflüh musste die Seite neu aufsetzen.
Ich fände es gut, wenn Zurflüh auf seine Seite einen Link zur Alliance F machen würde, so dass sich hier auch seine UnterstützerInnen noch eintragen können. Es sollte keine einzige Stimme verloren gehen.
Mittwoch, 9. April 2008
50'000 Grenze gesprengt
Wäre das ein Referendum gewesen, wäre es die schnellst je realisierte Unterschriftensammlung in der Geschichte der modernen Schweizer Demokratie gewesen, nämlich in nur drei Tagen.
Parallel zu diesem Vorgang inszeniert sich Blocher wieder selber und lädt den nicht gerade als Linksliberal bekannten Alt-Bundesrat Rudolf Friedrich zu einem Gespräch ein. Im Schlepptau sein Jünger Brunner. Damit wäre wieder klargestellt, wer Herr im Hause ist.
Swisstext meldet heute auch, dass an der heutigen Rundschau die Alt-Bundesrätinnen Dreifuss und Kopp zu Wort kommen würden. Auch Christine Brunner will sich zur Sache äussern.
Diese zwei Meldungen genossen heute Nachmittag Bevorzugung. Dass zu diesem Zeitpunkt bereits 40'000 Protestnoten registriert wurden, war der Swisstxt eine Bemerkung im letzten Block der Blocher Gesprächsofferte wert.
Mal schauen, wie die Medien morgen auf die Rundschau reagieren und ob sie weiterhin Blocher als Auflagenbolzer einsetzen und möglicherweise die Widmer-Schlumpf-Solidaritätskundgebung als Blocher-Angriff uminterpretieren. Wundern würde es mich nicht.
Sabotage des Servers von Alliance F
Auf diese Weise wollen Anhänger der SVP einen demokratischen Akt verhindern und so torpedieren sie die freie Meinungsäusserung. Das sind die Geister, die Blocher rief und die nun mit dem Zweihänder für ihr Recht und ihre Ordnung sorgen.
Ich glaube, dass auch damit die Unterstützungswelle für einen anständigen Diskurs in der Schweizer Politik nicht zu stoppen ist. Wer heute eine Webseite killt, wird morgen auf der Strasse Gewalt sähen. Davon muss sich die SVP nun klar distanzieren.
Solidarität mit Eveline Widmer-Schlumpf
Vergleichbares hat es wohl in der Schweiz noch nie gegeben. Man könnte schon fast sagen, dass die SVP die Quittung bekommt und das Volk quasi jetzt das erste Mal eine Bundesrätin wählt, resp. nachwählt. So wollte die SVP das doch immer! jetzt dreht sich der Spiess gegen sie selber.
Ich bin sehr gespannt, wie die SVP auf diese Kundgebung reagiert und ich bin auch sehr gespannt, wie die Medien mit diesem Solidaritätsakt umgeht. Wie werden sie das so drehen, dass es wieder auf die Mühle Blocher geht? Blocher und seine Mannen sehen heute noch älter aus als nach der Abwahl. Schade, können wir deren langen Gesichter nicht sehen.
Dienstag, 8. April 2008
Protestnote der Alliance F
Schon jetzt kann man von einem klaren Votum aus der Bevölkerung gegen die unanständigen Attacken der SVP-Führung sprechen, die sich definitiv in einer Art Rachsuchtanfall verrannt hat. Sie sollte zu Sinnen kommen und sich bei der SVP-Bundesrätin Widmer-Schlumpf, beim Bundesrat und bei der Bevölkerung entschuldigen:
Hier der Link zur Protestnote: Alliance F
Und hier der Link zum SF-DOK "Die Abwahl - Die Geheimoperation gegen Christoph Blocher" der die SVP-Oberen offenbar so verärgert und in einen Blutrausch versetzt hat.
Was sind die wahren Absichten der SVP?
" Seit ich in der Schweiz lebe weiss ich, dass eine neue oder ein neuer Bundesrat die erste Bilanz nach 100 Tage in der Regierung zieht. Bis es soweit war, wurde er oder sie in Ruhe gelassen, um sich ins verantwortungsvolle Amt einleben zu können.
Ist diese Tradition nun zu Ende, beendet durch eine SVP, die sich doch sonst immer auf die Traditionen der Schweiz beruft? Die SVP zerstört diese Tradition mit einer unangenehmen Propagandaschlacht, die alles andere, wichtigere fast vergessen lässt. Alles was wir in den Zeitungen lesen oder am TV sehen sind die Forderungen der SVP.
Es ist doch nun höchste Zeit, dass wir vorwärts gehen. Ich selber habe genug davon wie alte News zu neuen News hoch stilisiert werden, die gar keinen Newsgehalt mehr haben. Seit dem 12. Dezember hören und lesen wir dasselbe. Gibt es denn nicht genug andere Storys, um darüber zu schreiben oder zu lesen? Warum bekommt die SVP so viel Aufmerksamkeit für diese überbordende Propaganda?
Mich würde es interessieren, was Frau Bundesrätin Widmer-Schlumpf nach 100 Tagen im ehemaligen Justizdepartement des Herrn Blocher zu sagen, was sie dort angetroffen hat.
Die Abwahl Blocher war und ist für ihn hart. Er will vermutlich immer noch jemanden dafür bluten sehen und sein Gesicht retten. Aber ich bin sicher, es funktioniert auf diesem Weg der billigen Rache nicht. Selbst wenn die SVP Frau Widmer-Schlumpf zermürben könnte und sie zurück träte, Herr Blocher bliebe abgewählt. Es würde ihn nicht zurück bringen.
Montag, 3. März 2008
Lebenslanges Lernen für Wissen, Kreativität und Innovation
Education: EU Education Ministers adopted a report entitled 'Delivering life long learning for knowledge, creativity and innovation' on 14 February, pointing out three areas needing particular efforts: raising skills levels, implementing of lifelong learning strategies and strengthening the knowledge triangle (education - research - innovation). Following these conclusions, the ministers recommended that the European Council should take account of the following priorities in the new cycle of the Lisbon Strategy 2008-2010: implementation of lifelong learning strategies; knowledge triangle, emphasizing in particular the crucial role of education and training in promoting creativity and innovation; intercultural dialogue, underlining the importance of equipping individuals with the competences needed to engage in such a dialogue; transnational mobility, which should become common practice in higher education and be developed further in the field of vocational education and training.
Wenn ich diesen oben zitierten und verlinkten Report lese, dann frage ich mich was er mir als Lokalpolitikerin zu sagen hat. Was kann ich daraus lernen und mitnehmen hier wo ich etwas bewegen möchte?
Es ist ja schön und gut, wenn "die dort oben in Brüssel" solche Papier schreiben. Aber was bringt das den Jugendlichen, die ich auf der Strasse hier in Biel herumlungern sehe am hell lichten Nachmittag? Was bringt es ihnen, von denen ich weiss, dass sie hier "nur" die Realschule besucht haben und nur deshalb - und weil sie einen Namen mit der Endung "...ic" tragen - keine Lehrstelle gefunden haben?
Ich fragte mich oft während des letzten Schuljahres meines zweiten Sohnes, er ist jetzt im ersten Lehrjahr - warum der in der letzten Klasse an drei - 3! - Nachmittagen schulfrei hatte?
Welche Arbeitshaltung wird den Jungen da mitgegeben? Sind die wirklich schon so gebildet, dass die es nicht mehr nötig haben den ganzen Tag zur Schule zu gehen?
Noch ein Wort zum lebenslangen Lernen - ich werde noch einige Male hier und anderswo darauf zurück kommen. Wie kann es möglich sein, wenn wir hier in Biel und im Kanton Bern und auf nationaler Ebene sicher mit der EU vergleichbare Konzepte zum Thema Lebenslanges Lernen haben, dass es möglich ist von 22 Schülern nur 7 oder 9 eine Lehrstelle zu geben und die anderen auf die Strasse zu entlassen? Genügt da ein 10. Schuljahr und ein mehr oder weniger motivierter Coach, dem man all diese Verantwortung, die der Staat eigentlich tragen sollte, alleine auf bürdet?
Läuft da nicht etwas total aus dem Ruder, dem wir nun schon geraume Zeit ziemlich ratlos gegenüber stehen?
Und wie ist es - auch dies ein Tabu - mit den Menschen der Gruppe 50plus, die man einfach so mir nichts und dir nichts ohne Getöse auf die Strasse stellt - und liest man die Stelleninserate- offenbar nicht wieder einstellt, weil man sie erst gar nicht sucht? - haben die alle Zugang zu Lebenslangem Lernen gehabt oder haben sie es zumindest jetzt? Können die ihr Wissen weiterhin für Kreativität und Innovation einbringen zum Wohl unserer Volkswirtschaft?
Es wird Zeit, dass darüber geredet wird und Lösungen auf den Tisch kommen. Papier dazu wurde schon viel geschrieben. Jetzt gilt es die Probleme zu sehen und sie nicht weg zu diskutieren.
Freitag, 29. Februar 2008
Wo Haie im Wasser sind lernt man schwimmen
Ich erinnere mich an das erste auf Deutsch geführte Interview mit der bewundernswerten und an Meriten reichen Micheline Calmy-Ray. Ich verstand kein einziges Wort und zweifelte wieder einmal an meinen eigenen Deutschkenntnissen. Doch mein Ehemann beruhigte mich und meinte, dass offenbar die ihren eher dürftig seien.
Heute ist es nicht nur sympathisch ihr zuzuhören und zu verstehen was sie zu sagen hat, ich folge ihr jederzeit. Wir haben in der Zwischenzeit beide Fortschritte gemacht.
Als wir das erste Mal Alt-Bundesrat Christoph Blocher französisch sprechen hörten, haben wir uns krumm gelacht. Sein "liebi Froue u Manne" funktionierte plötzlich nicht mehr. Seine Fortschritte verfolgten wir nicht weiter, ihn wollten wir gar nicht verstehen, sein deutsch und deutlich war uns absolut genug.
Wenn man jemanden nicht anhören will, kann man sagen, seine Sprachekenntnisse seien ungenügend - oder wie es Mike Sommer im Bieler Tagblatt schrieb: "verbesserungswürdig". Man kann sich trotzdem um Verständigung bemühen oder die Kommunikation vorerst einschränken oder sogar abbrechen.
Ich habe am Mittwochabend an der Nominierungsversammlung der SP Gesamtpartei Biel ein Wechselbad an Kommunikation erlebt. Mehrheitlich habe ich mich gut aufgenommen gefühlt und viele Sympathiekundgebungen auch von Menschen erhalten, die ich an diesem Abend das erste Mal gesehen habe.
An dieser Stelle danke ich ganz besonders Teres Liechti Gertsch, die eine ganz besondere Frau ist. Ich danke auch Barbara Tanner, die an diesem Abend auch Premieren-Stress hatte und und mich trotzdem fühlen liess, dass wir an einem gemeinsamen Strick ziehen. Und ich danke auch Otto Arnold und Alain Sermet, die sich beide speziell für mich eingesetzt haben.
Meine Kandidatur gab zu diskutieren. Kein Wunder, denn ich hatte ein Blackout der besonderen Art. Zwar war ich vorbereitet auf alle möglichen Wendungen, die an so einer Nominierungsversammlung auftreten können. Doch als ich da vorne am Tisch den Delegierten gegenüber sass und die freundlichen Gesichter studierte, fielen mir auch solche auf, die wenig Gutes verhiessen. Plötzlich wurde mir bewusst, was man uns an der BFF (Berufs- Fach und Fortbildungsschule Bern) in Sachen nonverbaler Kommunikation beibringen wollte.
Heute erlebte ich es praktisch und ungeschminkt. Ich musste mit ganzen Gefühls-Tsunamis fertig werden die mir da unvermittelt entgegen brandeten. Das war mir in dieser Heftigkeit eine völlig neue Erfahrung, die ich mitnehme und an der ich zu arbeiten habe. Ich lernte, dass nicht gesprochene Sprache brutaler ankommen kann, als laute, bös gemeinte Worte, die auch lächerlich wirken können.
Mir verging das Lachen und vermutlich auch das Lächeln. Dann musste ich aufstehen, mich zeigen und mich vorstellen, mich "verkaufen", wie das mein Ehemann so unschön nannte. Was er mir nicht sagte war, ist dass meine Knien so sehr schlottern werden, dass ich mich gar nicht mehr auf das zu Sagende konzentrieren werde können. Ich lernte das an dieser Stelle.
Als wir Nichtständigen uns alle vorgestellt hatten, bat man uns aus dem Saal. Die Delegierten wollten frei reden können. Und wie ich später hörte, ging es nur darum, meine Kandidatur zu diskutieren. Schliesslich bat man uns wieder herein und man forderte mich auf über mich und meine politischen Pläne zu reden. Man bot mir an, es in meiner Muttersprache Englisch zu tun. Doch ich war jetzt so sehr aufgebracht, sah Haie vor meinem geistigen Auge und mittendrin meinen Sohn, so dass ich auch auf Deutsch und deutlich erklären konnte, was mich bewegt und bewegte und für was ich mich einsetzen will.
Das kam offenbar gut an, denn ich wurde mehrheitlich in Globo mit den anderen drei Kandidierenden auf das SP-Schild gehoben.
Für dieses Vertrauen möchte ich allen herzlich danken, und ich werde alles in meinen Kräften Stehende tun, dieses Vertrauen zu rechtfertigen.
An all jene - es waren nicht wenige Frauen darunter - die mich nicht unterstützen wollten, möchte ich die Bitte richten, die Kommunikation nicht abzubrechen und den Dialog aufzunehmen und sich überzeugen zu lassen. Wir kennen uns heute nicht, sind uns fremd und morgen werden wir vertrauter sein. Dafür sich zu überwinden lohnt sich, da bin ich mir sicher.
Mein Anliegen ist die Integration auf allen Stufen unserer Gesellschaft. Bekanntlich ist das immer eine gegenseitige Sache. Wenn wir "Ausländer" zum Beispiel immer nur draussen am Strand gehalten werden und uns nie nass machen müssen, dann werden wir weder die Sprache sprechen wie die"Eingeborenen", noch werden wir uns für die gemeinsame Sache stark machen können.
Es braucht ja dann nicht so gemacht zu werden, dass man unsere Kinder in die Wellen wirft, damit wir schwimmen lernen, nein, wir könnten gemeinsam die Haie vertreiben und alle gemeinsam den Plausch am Wasser haben lassen.
In diesem Sinne freue ich mich auf den bevorstehenden Wahlkampf und unsere gemeinsamen Opponenten!
Mittwoch, 27. Februar 2008
Teres Liechti Gertsch
Es freut mich sehr, dass du dich auch entschieden hast einen eigenen Blog zu führen. Ich hoffe, dass sich die anderen Kandidatinnen und Kandidaten auch dazu gesellen und wir unsere Präsenz auch in der virtuellen Welt verstärken können. Das hilft uns sicher auch in der ganz realen Welt.
Im täglichen Leben kommen wir ja leider nur noch wenig dazu uns mit grundsätzlichen und tiefschürfenden Gedanken auszutauschen. Ich vermute, dass es mit diesem Instrument hier möglich wird einander, und damit auch unseren Wählerinnen und Wählern, zusätzliche Informationen zukommen zu lassen, mit denen wir uns in ruhigen Zeiten persönlich auseinander setzen können. Es würde mich nicht wundern, aber nicht minder freuen, wenn sich damit die Qualität der Begegnungen positiv gestalten liesse und dies im Wahlkampf zu entsprechenden Resultate führen würde.
Bis heute Abend, ganz herzlich
Juliet
Freitag, 22. Februar 2008
Erstkontakt mit meinen Mitkandidatinnen
Wir wollten uns persönlich kennen lernen. In der Sitzungspause gingen wir gemeinsam zum Abendessen und unterhielten uns prächtig. Wir freuen uns auf eine intensive gemeinsame Zeit für die gemeinsame Sache.
Die SP Biel ist in drei Sektionen organisiert, die sich zusammen in der Gesamtpartei der Stadt Biel koordinieren und sich bei Wahlen und wichtigen Abstimmungen gemeinsam organisieren.
Zwei andere Kandidatinnen sind Mitglied bei der "parti socialiste romand" und die dritte Kandidatin stammt von der Sektion Biel Stadt/Ost. Ich gehöre der Sektion SP Biel-Madretsch an.
Gemeinsam wollen wir einen geschlossenen SP Wahlkampf führen und dafür sorgen, dass die SP gesamthaft gestärkt aus den Wahlen 2008 hervor geht.
Donnerstag, 21. Februar 2008
Mein politisches Credo für das Wohnen in Biel
Und trotzdem. Ich empfinde den Grad der Entsozialisierung und die damit einhergehende schwindende Solidarität in dieser Stadt für bedenklich. Die Menschen, die ich tagtäglich betreue scheinen sich mehr in ihr Schiksal zu ergeben als Freude daran zu haben wie wir sie umpflegen. Ich halte die Isolation der Generationen für einen Fehler, der sich mit der vergreisenden Schweizer Bevökerung verstärken wird.
Ich schlage vor, dass die Stadt nicht bloss Überbauungen zulässt wie sie im Gebiet Gaskessel derzeit hochgezogen werden, sondern dass man an Quartieren baut, die für sich in sich wie kleine Dörfer funktionieren, wo verdichtet gebaut wird und zwar Wohnungen für Familien mit Kindern und Senioren unter 1000 Franken, so dass das Generationenwohnen wieder Mode werden kann. Die Kinder brauchen ihre Grossmütter und Grossväter und die Grosseltern ihre Kinder und Kindeskinder. Leben und Sterben sollte zusammen gehören, genauso wie Krach und Frieden.
Die Schweiz ist nicht mehr das was sie war als geplant und gebaut wurde was wir heute sehen. Die Schweiz muss sich auf die Zukunft ausrichten und die sieht ganz anders aus als was war. Vielleicht beginnt die Zukunft mit anderen Wohnformen und vielleicht beginnt sie mit weniger Ausgrenzung und Flucht. Vielleicht müssen wir wieder mehr Burgen bauen, damit das Heim ein Schloss wird. Vielleicht sollten die Häuser so angeordnet werden wie das in Ghana auf dem Land mit den Lehmhäusern getan wird. Dort macht man es um Schatten zu gewinnen und damit die Kühle zu bewahren. Hier sollte man es machen, um die Kälte draussen zu halten und die Wärme drinnen.
Werde ich gewählt für ein Amt in der Stadt, so will ich bei Bauvorhaben auf solche Kriterien achten und darauf hinweisen, dass man etwas mehr an eine andere Zukunft denken sollte.
Mein politisches Credo für die Schule in Biel
In diesen 12 Jahren habe ich auch meine Söhne aufwachsen sehen, und ich habe dabei viel Unbegreifliches erlebt. Ich muss gestehen, dass ich nicht begeistert bin darüber wie die Kinder hier auf ihr Leben vorbereitet werden. Es ist mir bewusst, dass mein eigenes Erleben der Schule in der britischen Pädagogik wurzelt, die viel auf unbedingte Disziplin Wert legt. So jedenfalls war es damals bei uns, wo die Disziplin oft, zu oft mit einem messerscharfen Bambusstab durchgesetzt wurde. Dafür habe ich gar nichts übrig.
Der Unterschied des Ergebnisses muss in den unterschiedlichen Systemen liegen, denn angelsächsische Systeme sind geprägt von Privatschulen. In Ghana käme es der Mittelschicht nicht in den Sinn, ihre Kinder an die öffentlichen Schulen zu schicken. Denn deren Lehrer sind so schlecht bezahlt, dass sie noch einen Zweit- oder Drittjob erledigen müssen und das meistens alles gleichzeitig. Privatschulen aber behandeln ihre Kindseltern wie ihre Kunden. Stimmen die Leistungen des Zöglings nicht mit den Vorstellungen der Eltern überein, hat das womöglich unmittelbare pekuniäre Folgen für die Schule. Dabei kann es aber auch sein, dass die Schule den Eltern unmissverständlich zu verstehen gibt, dass es ohne Nachhilfe nicht gehen wird. Also gibt es Nachhilfe.
Ich komme nun nicht daher und meine, man müsste das hier in der Schweiz auch so machen.
Aber ich sage, dass etwas nicht stimmt hier in Biel, wenn nach neun Jahren Schule von 22 Schülern nur sieben eine Lehrstelle finden und der Rest sich auf den Gassen der Stadt Biel lümmelt. Hier läuft kräftig etwas schief und ich meine, man müsste ernsthafter als es getan wird über die Ursachen reden und die Dinge ändern.
Ich habe viele Kolleginnen und Kollegen meiner Söhne kennen gelernt, auch solche, die kaum mehr Hoffungen auf eine anständige Zukunft haben. Wir PolitikerInnen müssen uns dem annehmen und ich will mich diesen Fragen stellen und zu Lösungen beitragen.
Ich glaube, dass die Schule sich darauf einstellen muss, dass die Schweizer Wirtschaft die Verantwortung für die Meisterlehre nicht mehr wahrnehmen will. Dass bedeutet aus meine Sicht zwei Dinge: entweder werden wieder vermehrt öffenliche Lehrwerkstätten eingeführt, wo Grundberufe angeboten werden, die nicht nur in der Schweiz, sondern auch etwa in Afrika ausgeübt und in diesen Ländern weiter gegeben werden können. Oder man sorgt dafür, dass unsere Kinder die Schule erst dann verlassen, wenn man ihnen beigebracht hat, wie man sich in einer Welt der prekären Arbeit und Arbeitsverhältnissen bewegen kann. Dass dabei die Frage der interkulturellen Integration eine Rolle spielt, scheint mir selbstverständlich.
Ich halte es für Biel für machbar, Geld nicht nur in teure Prestigebauten zu investieren, sondern auch ein Schulexperiment zu wagen, das den Jugendlichen Perspektiven verleiht und über die Stadtgrenzen hinaus beispielhaft wird.
Montag, 18. Februar 2008
Mein Weg zur Integration in der Schweiz
Nachdem ich mit meinem Ehemann eine intensive Diskussion darüber führte, mit welchen Schwierigkeiten wir zu rechnen haben, wenn wir uns in der Schweiz niederlassen wollen, begann ich bereits in Ghana mit dem ersten Schritt zu der späteren Integration in die Schweizer Gesellschaft.
Ich belegte am deutschen Goethe-Institut in Accra Deutschkurse. Sicher half mir der Einstieg in diese für mich damals völlig unbekannten Sprache auch die Tatsache, dass wir Ghanaer, die wir die Möglichkeit hatten, überhaupt zur Schule zu gehen, viel sprachig sind. Als Ewe spreche ich natürlich auch Ewe. Da ich hauptsächlich in Ghanas Hauptstadt Accra gelebt habe, rede ich auch Ga. Da ich meine Boarding School in Cape Goast absolvierte, der berümt-berüchtigten Sklavenhafenstadt, die in Fanti-Land liegt, spreche ich auch Fanti. Übrigens Kofi Annan, der erste schwarze und jetzt ehemalige UNO-Generalsekretär ist ein Fanti.
Da der grösste Stamm in der Landesmitte das Leben in ganz Ghana prägt, spreche ich auch Twi, die Sprache der matriarchalischen Ashantis, die geschichtlich als Kriegsvolk gelten.
(Um sich etwas einzulassen auf unsere Philosophien in Ghana, empfehle ich Ihnen dem Link zu folgen. Sie finden dort etwa solche Textstellen:
Da in Ghana etwa 37 Sprachen gesprochen werden, wurde Englisch als die offizielle Landessprache bestimmt, um so die Einheit des Landes aufzubauen. Das hatte natürlich mit der letzten Kollonialmacht in Ghana zu tun. Grossbritannien entliess Ghana als erstes Land Afrikas 1957 in die Unabhängigkeit. Zurückgeblieben ist damit auch etwas von der englischen Lebensart, die sich ganz besonders mein Vater in seiner Ausbildung in London auch angeeignet hatte.
Dass ich Juliet und mein Bruder Romeo heisst, hat hingegen etwas mit den Vorlieben meiner Mutter für Shakespeare zu tun, den sie genauso gut zitieren kann wie aus der Bibel.
Meine religiöse Erziehung genoss ich vor allem an einem katholischen Internat.
Weil meine von mir heiss vereehrte Grossmutter eigentlich eine Togolesin war und daher französisch sprach wie viele meiner Cousinen und Cousins auch, habe ich auch früh französisch sprechen gelernt. Und von meiner Grossmutter lernte ich die französische Küche kennen. So lernte ich bei ihr Salat zu essen, was in Ghana niemand tut, jedenfalls nicht zu dieser Zeit damals.
Mit diesem Rucksack voller europäischer Kultur kam ich also in die Schweiz, die mir doch so fremd war wie ich es mir nach meinem ersten Besuch nicht hätte vorstellen können. Trotz meinen sprachlichen Vorbreitungen verstand ich kein Wort, wenn die Leute miteinander redeten. Ich war froh, immerhin den Busfahrplan lesen zu können und die Namen der Stationen. So konnte ich mich rasch selbstständig bewegen und musste nicht immer meinen Mann um Transporte angehen.
Aber wie erkläre ich einer Schweizerin oder einem Schweizer wie fremd mir die Lebensart hier damals vorkam? Ich erinnere mich gut an mein Schwangerschaftsturnen vor etwas mehr als 10 Jahren als Jonas, unser Jüngster, heran wuchs.
Als mein Ehemann mir das erste Mal davon erzählte, dass es so etwas gibt, dachte ich zuerst, er mache Witze. Bei uns helfen sich die Frauen unter sich bei der Vorbereitung der Geburt. Alles was zu tun ist war von Alters her bei uns Sache der Frau und wird nicht an eine Institution delegiert, deren Leistung für Geburtsvorbereitung auch noch bezahlt werden muss.
Die Männer in Ghana interessieren sich in der Regel nicht für diese Frauensachen. Da bei uns die Familien, besonders die Frauen, immer in Grossfamilien leben, sind da auch alle Generationen vertreten. Selbstverständlich auch die Grossmütter. So wird das Wissen um die Betreuung von Schwangeren, Gebährenden und Geborenen weiter gegeben.
Dass man dafür mit dem Mann in einen von einer Frau geführten Kurs geht, wo man sich nicht kennt, war für mich schon etwas merkwürdig. Unter Fremden, die sich nicht nahe kommen in dieser Zeit dann so intime Dinge anzusprechen und noch intimere Bewegungsabläufe zu lernen, kam mir irgendwie entmenschlicht vor, auch wenn es darum ging, Jonas vor Komplikationen bei seiner Geburt zu ersparen.
Weil wir in Grenchen nicht wirklich heimisch werden konnten, in Sachen Integrationsmassnahmen ist diese Nachbarstadt Biels tiefste Provinz - und das Schwangerschaftsturnen schien eine Art Symbol dafür geworden zu sein -beschlossen wir bald nach Biel zu ziehen, wo damals mein Mann auch seinen Arbeitsplatz hatte.
In Biel besuchte ich sofort wieder Sprachkurse und konnte sehr rasch die Zeitungen lesen. Und bald stand ich meinem Ehemann in nichts nach und wir führten endlose politische Debatten. Manchmal hatte ich schon Mitleid mit ihm, weil er den Kopf für all die unsäglichen Vorgänge rund um Blocher und seine SVP hinhalten musste, er als Schweizer. Ich hatte damals ja noch keinen Zugang zu den "Andersdenkenden" in diesem Land. Aber das wollte und will ich rasch ändern!
Da ich als Schülerin und Studentin immer davon geträumt habe, eines Tages Ärztin zu werden, begann ich sobald ich die Sprache einigermassen beherrschte, beim Roten Kreuz Kurse zu besuchen. Wenn ich denn schon keine Chance hatte, ein Medizinstudium zu beginnen, so wollte ich halt als Pflegerin ins Gesundheitswesen einsteigen. So konnte ich bald mein Versprechen wahrmachen, dass ich mir gegeben hatte, als klar war, dass ich in der Schweiz eine Familie gründen würde, nämlich anderen zu helfen, die vielleicht nicht so viel Glück hatten wie ich.
Bald begann ich als Pflegehelferin bei einer privaten Stiftung für Seniorenpflege mit der Arbeit. Das war für mich dann eine sehr deprimierende und teilweise auch schockierende Erfahrung wie man in diesem reichen Land mit den alten Menschen umgeht und wie man sie sterben lässt. Auch in diesem Zusammenhang kommt mir das Wort "entmenschlicht" in den Sinn. In Ghana gibt es keine AHV für alle, deshalb kann man die Senioren auch nicht einfach abschieben. Aber ich denke, dass wir das auch mit AHV nicht tun würden, denn wir respektieren das Alter und unsere Vorfahren.
Ich fühlte mich dann an diesem Arbeitsplatz ausgenutzt und blossgestellt. Die Leitung behandelte uns Pflegerinnen als gehörten wir einer niedrigeren Kaste an. Die Leiterin selbst war in unzählige Mobbinggeschichten verwickelt und sorgte für eine Misstrauensstimmung unter den Angestellten, von so etwas hatte ich vorher noch nie gehört.
Als die Lage völlig hoffungslos wurde, die Leiterin meinem Mann und mich aus ihrem Büro warf, als wir um eine Aussprache nachsuchten, wandte ich mich an die Stiftungsleitung und bat um eine Schlichtung. Doch der Herr Professor und Stiftungspräsident wies mich ab mit dem giftigen Hinweis, dass man sich nicht gewohnt sei sich auf Pflegerinnenstufe zu begeben.
Damit gab es für mich keine Zweifel mehr: die Schweiz kennt auch Herrenmenschen, die sich als etwas Besseres vorkommen als alle anderen. Das kenne ich aus Ghana gut, wo es noch reiche und Gold verzierte Könige gibt, mit Dutzenden von Frauen und Untertanen die das zahlreiche Vieh hüten und auch sonst den kopf hinhalten müssen.
Dass es bei diesem Altersheim offenbar nicht in erster Linie darum ging den HeimbewohnerInnen ein Leben in Würde zu gönnen und ein Pflegepersonal zu halten, dass diesd Tag für Tag garantierte, sondern dass es da ganz andere Motive gibt, lag plötzlich glasklar auf der Hand. Ich orientierte mich um.
Dabei konnte ich mich auf die Dienste von EFFE in Biel verlassen.
Nachdem man mir das Selbstbewusstsein geraubt hatte, lernte ich mit Hilfe der EFFE- Unterstützung, dass ich eben doch mehr Möglichkeiten mitbringe und über ein grösseres Potential verfüge als man mir bei meinem ersten Arbeitsplatz glauben machte. Ich rüstete innerlich auf, bekam von meiner Familie die nötige Unterstützung und brach auf eine neue Reise auf.
Seit fünf Jahren nun bin ich bei einem städtischen Alters- und Pflegeheim in Biel angestellt. Ich absolvierte in dieser Zeit verschiedene Kurse in meinem Berufsfeld und darüber hinaus.
So habe ich mich etwa auf die Pflege von Füssen konzentriert, ein Körperteil, dass in der hochzivilisierten Schweiz sträflich vernachlässigt wird. Man sperrt die Füsse ein Leben lang in viel zu enge Schuhe ein und gönnt ihnen kaum Luft. Nun kann es schon mal vorkommen, dass ich mehr zu den Füssen als zum Kopf einer meiner Pflegeanvertrauten spreche.
Das darf man durchaus auch als politischen Fingerzeig verstehen: statt jemandem auf die eingesperrten Hühneraugen zu treten, sollte man dessen Füsse waschen, dessen Hornhaut schleifen, die Nägel kürzen und den neugeborenen Fuss mit duftender Salbe einreiben.
Täten wir uns das regelmässig an, unsere Welt stünde Kopf!
Seit eineinhalb Jahren habe ich nun sogar die Möglichkeit die Lehre als Fachangestellte Gesundheit FaGe zu absolvieren. Das ist zwar ziemlich aufwändig, oft auch sehr anstrengend, besonders nach vier Tagen Pflege, dann noch zwei Tage auf der Schulbank zu sitzen. Doch ich halte durch, fühle mich integriert und freue mich an meinen guten Noten.
Dienstag, 5. Februar 2008
Mein Weg in die Schweiz
Wäre meine Familie noch intakt gewesen wie sie das nach alter Tradition eigentlich hätte sein sollen, wäre mein Schicksal immerhin etwas erträglicher gewesen. Doch so musste ich mir meine eigene neue Familie suchen, mir meine Wahlverwandtschaft selber wählen. Es kam gut und ich fand Unterschlupf bei der Grossfamilie meiner damals besten Freundin. Als jüngste Mutter fühlte ich mich zuständig für alle noch schulpflichtigen Kinder der Familie. So erzog ich wie aus heiterem Himmel plötzlich nicht nur ein, sondern drei, vier Kinder gleichzeitig. Durch unsere meist von Frauen getragenen Arbeitsteilung überlebte ich diese Zeit der ersten Jahre meines Erstgeborenen mehr oder weniger in Würde, aber mit ungewisser Zukunft.
Da kam es mir gerade recht als mich mein Bruder in die Schweiz auf einen dreimonatigen Aufenthalt einlud, wohin dieser mit seiner Schweizer Frau gezogen ist, nachdem er einen schweren Motorradunfall mit bleibenden Folgen überlebte. Derart versehrt konnte er seinen gefahrvollen Auftrag als Personenschützer nicht mehr ausführen und musste Ghana aus Sicherheitsgründen verlassen.
In der Schweiz lernte ich einen Freund der Familie meines Bruders kennen. Was in der Schweiz seinen Lauf nahm, entwickelte sich über die Distanz einiger tausend Kilometer und über den Zeitraum eines halben Jahres. Die Telefonkosten waren immens, Internet gab es damals in Ghana noch nicht. So besuchte mich mein heutiger Ehemann in Ghana, und wir hatten kaum einen Zweifel, dass wir zusammengehörten und heirateten. Ein Jahr später zog ich mit meinem Sohn Samuel nach Grenchen, wo uns mein Ehemann ein wunderbares Nest bereit hielt. Doch wir sollten in dieser Stadt keine Wurzeln schlagen. Zwar kam unser Sohn Jonas hier zur Welt, doch wir zogen es vor nach Leubringen zu ziehen, wo wir uns ein Haus bauen und Samuel einschulen wollten.
Weil uns eine Grossbank kurz vor Vertragsunterzeichnung mit einem höheren Angebot beim Landverkäufer ausstach - die Pläne waren schon gezeichnet - fiel das Projekt ins Wasser und wir mussten in der wohl schlimmsten Wohnung im ganzen Dorf ausharren. Die Lage spitzte sich dann noch zu, weil unser dritter und ältester Sohn Edward zu uns zog. Zwei Jahre mussten wir warten bis wir endlich eine anständige Bleibe hoch über Biel gefunden hatten.
Edward und Samuel wuchsen in Accra zusammen in unserer Frauen-Wohngemeinschaft auf. Da Samuel immer wieder fragte, wo sein "Bruder" Edward denn sei, was er denn mache und warum er nicht bei uns sein könne, beschlossen wir, Edward zu adoptieren und ihn zu uns zu holen. So kam es zu unserer Patchwork-Familie, "The coloured family Bucher", wie wir uns gerne scherzhaft nennen.
Mittwoch, 30. Januar 2008
Meine familiären Hintergründe
Ich gehöre dem Stamm der Ewe an. Die Ewes leben im Grenzgebiet von Togo und Ghana. Mit anderen Worten, die Ewes gehören zu den Stämmen Afrikas, deren Lande durch die Grenzsetzung nach dem 1. Weltkrieg an zwei verschiedene Staaten aufgeteilt wurde. Schliesslich ergab es sich nach vielen Wirren der Geschichte, dass die offizielle Landessprache in Togo französich ist und jene in Ghana englisch. Entsprechend haben sich die Kulturen an die francophonen oder an die angelsächsische westliche Lebensarten angepasst ohne natürlich die eigenen Traditionen ganz aufzugeben. Diese sind nach wie vor lebendig und wichtig, obwohl viele von uns sich an eine eher verwestlichte urbane Lebensweise angeeignet und auch gewöhnt haben.
Meine Familie ist eine typische Ewe-Familie, hin- und hergerissen zwischen den Hauptstäden Lome in Togo und Accra in Ghana. Das hat sich etwa so ausgedrückt, dass meine Mutter die erste Offizierin in der Armee von Ghana war, während ihr Bruder und mein Onkel General unter dem inzwischen verstorbenen Diktator Ejadema war. Während mein Onkel von den Schergen Ejademas vergiftet wurde, war meine Mutter mit dem Deputy Defense Minister unter Nkrumah liiert, dem sie ihr erstes Kind gebar, meinen älteren Bruder William. William war dann viele Jahre als Offizier Mitglied der persönlichen Leibgarde des Präsidenten Jerry J. Rawlings, der ab 1981 nach einem ltzten Militärputch Ghana endlich ins demokratisch geprägte 21. Jahrhundert führte.
Rawlings hatte einen besondern Zugang zu meiner Grossmutter, die an seiner Boarding School eine beliebte Köchin war und für ihn immer eine Extraportion übrig hatte, denn beide waren Mischlinge. Sie stammte von einer Ewe und einem Portugiesen, er von einer Ewe und einem Schotten ab.
Meine Mutter heiratete später meinen Vater, der vor Rawlings in England ausgebildeter Ausbildungoffizier in der Armee Ghana war.
In dieses politische Milieu wurde ich hinein geboren und darin wuchs ich auch auf. Politik also war und ist für mich wie Sauerstoff. Sich davon fernhalten zu wollen, wäre mir nie in den Sinn gekommen. Dass es in unserer Familie immer um soziale Gerechtigkeit ging, war notgedrungen eine Tatsache. Dass meine Familie sowohl Nkrumah verehrte und Rawlings unterstützte, beide waren Sozialisten, war nie ein Zweifel wert. Selbst damals nicht als nach Rawlings Putch über Jahre der Notstand in Ghana herrschte und eine Hungersnot die andere ablöste.
Es war die bitterste Zeit meines Lebens. Ich weiss nicht, ob ich alleine hätte überleben können. Mein Zwillingsbruder und ich waren auf uns alleine gestellt. Unsere grosse Familie löste sich auf und zerstreute sich in alle Winde. Geld für die Schule war keines mehr vorhanden, es reichte auch kaum mehr fürs Essen. Mein Bruder und ich zogen damals von einem Ort zum anderen. Die Mutter war schwer erkrankt und der Vater als Transportunternehmer zwischen Ghana und Nigeria unterwegs bis er einen schweren Unfall hatte und alles, sein mit Pensionsgeldern neu aufgebautes Unternehmen, verlor.
Die Erholung und der Wiederaufstieg brauchte fast zehn Jahre meines Lebens auf. Der alte Glanz der Familie kam nie mehr zurück. Die herausgeputzten Sonntagsspaziergänge lagen zurück wie in einem Traum und schienen unerreichbar.
Als mein Romeo, mein Zwillingsbruder sich dann um 20 auf die Fahrt über den Ozean in die neue Welt flog und in New York landete, begann ein neuer Traum. Ich hätte nachreisen sollen, sobald er sich etabliert hätte, einen Job und eine Bleibe. Aber soweit kam es nie. Der amerikanische Way of Life beginnt für einen Afrikaner ganz weit unten. Der Existenzkampf ist unbeschreiblich und wer es bis zum New Yorker Taxifahrer gebracht, hat schon eine ordentliche Karriere hinter sich. Als Taxifahrer in dieser für den Touristen so faszinierenden Stadt lernt man die Abgründe des menschlichen Wesens auf eine Art und Weise kennen, wie man sich das weder mit den Augen einer Afrikanerin noch als Schweizerin vorstellen kann. Romeo wurde im Dauerstress schwer krank und als Schwarzarbeiter ohne jede soziale Abfederung bedeutet das den nicht aufzuhaltenden Niedergang. Was dann geschah, kann man fast nur in der Literatur nachlesen. Mein Bruder verschwand und unser Kontakt brach ab. Neue Albträume kehrten in mein Leben zurück und die Träume platzten so wie viele Luftschlösser davor.
Montag, 28. Januar 2008
Warum dieser Blog?
Am 27. Februar 2008 sollen die Nominationen aller Stadtsektionen von der Gesamtparteiversammlung bestätigt werden. Damit eröffnet die SP ihrerseits den Wahlkampf 2008 in der Stadt Biel.
Dass ich auch von der Gesamtpartei unterstützt werde, davon bin ich persönlich überzeugt. Ich werde im Rahmen dieses Blogs und in den kommenden Monaten versuchen darzulegen, warum ich das grosse Vertrauen verdiene und warum ich nicht nur für meine Sektion SP Madretsch eine Stütze bin, sondern für alle an einer echten Integration und sozialer Gerechtigkeit interessierten Bürgerinnen und Bürger eine werden kann, sofern ich darin unterstützt werde.
Denn mein politisches und tagtäglich gelebtes Credo ist die Brücke zu schlagen zwischen den Generationen, zwischen Einheimischen und Immigrantinnen und Immigranten und nicht zuletzt zwischen Frauen und Männern.
Ich lade Sie ein, mit mir den Dialog direkt und ungeschminkt zu führen.