Ich betrachte meine 12 Jahre in der Schweiz als meine persönlichen politischen Lehrjahre. Mein politisches Bewusstsein lehrten mich meine Eltern und mein eigenes Leben, das zu oft ein aussichtsloser Existenzkampf war. Dass ich dann meinen Ehemann kennen lernte, der ein Schweizer ist und auch so etwas wie ein "animal politique", muss in einem mir nicht durchschaubaren Zusammenhang bestehen. Dank ihm jedenfalls konnte ich die Schweizerische Politikmechanik rasch begreifen und ich werde sie eines Tages auch durchschauen.
In diesen 12 Jahren habe ich auch meine Söhne aufwachsen sehen, und ich habe dabei viel Unbegreifliches erlebt. Ich muss gestehen, dass ich nicht begeistert bin darüber wie die Kinder hier auf ihr Leben vorbereitet werden. Es ist mir bewusst, dass mein eigenes Erleben der Schule in der britischen Pädagogik wurzelt, die viel auf unbedingte Disziplin Wert legt. So jedenfalls war es damals bei uns, wo die Disziplin oft, zu oft mit einem messerscharfen Bambusstab durchgesetzt wurde. Dafür habe ich gar nichts übrig.
Der Unterschied des Ergebnisses muss in den unterschiedlichen Systemen liegen, denn angelsächsische Systeme sind geprägt von Privatschulen. In Ghana käme es der Mittelschicht nicht in den Sinn, ihre Kinder an die öffentlichen Schulen zu schicken. Denn deren Lehrer sind so schlecht bezahlt, dass sie noch einen Zweit- oder Drittjob erledigen müssen und das meistens alles gleichzeitig. Privatschulen aber behandeln ihre Kindseltern wie ihre Kunden. Stimmen die Leistungen des Zöglings nicht mit den Vorstellungen der Eltern überein, hat das womöglich unmittelbare pekuniäre Folgen für die Schule. Dabei kann es aber auch sein, dass die Schule den Eltern unmissverständlich zu verstehen gibt, dass es ohne Nachhilfe nicht gehen wird. Also gibt es Nachhilfe.
Ich komme nun nicht daher und meine, man müsste das hier in der Schweiz auch so machen.
Aber ich sage, dass etwas nicht stimmt hier in Biel, wenn nach neun Jahren Schule von 22 Schülern nur sieben eine Lehrstelle finden und der Rest sich auf den Gassen der Stadt Biel lümmelt. Hier läuft kräftig etwas schief und ich meine, man müsste ernsthafter als es getan wird über die Ursachen reden und die Dinge ändern.
Ich habe viele Kolleginnen und Kollegen meiner Söhne kennen gelernt, auch solche, die kaum mehr Hoffungen auf eine anständige Zukunft haben. Wir PolitikerInnen müssen uns dem annehmen und ich will mich diesen Fragen stellen und zu Lösungen beitragen.
Ich glaube, dass die Schule sich darauf einstellen muss, dass die Schweizer Wirtschaft die Verantwortung für die Meisterlehre nicht mehr wahrnehmen will. Dass bedeutet aus meine Sicht zwei Dinge: entweder werden wieder vermehrt öffenliche Lehrwerkstätten eingeführt, wo Grundberufe angeboten werden, die nicht nur in der Schweiz, sondern auch etwa in Afrika ausgeübt und in diesen Ländern weiter gegeben werden können. Oder man sorgt dafür, dass unsere Kinder die Schule erst dann verlassen, wenn man ihnen beigebracht hat, wie man sich in einer Welt der prekären Arbeit und Arbeitsverhältnissen bewegen kann. Dass dabei die Frage der interkulturellen Integration eine Rolle spielt, scheint mir selbstverständlich.
Ich halte es für Biel für machbar, Geld nicht nur in teure Prestigebauten zu investieren, sondern auch ein Schulexperiment zu wagen, das den Jugendlichen Perspektiven verleiht und über die Stadtgrenzen hinaus beispielhaft wird.
Donnerstag, 21. Februar 2008
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